Das Wiesn-Lazarett
So ein tägliches Party-Konzert, wie das Münchener Oktoberfest für Musiker ist, ist nicht nur eine technische Herausforderung. Feiern im Akkord geht an die körperliche Substanz..
9 Abende spiele ich mit der Münchner Party-Band „Blind Date“ im Paulaner Winzerer-Fähndl jeweils von 19-21 Uhr – und pünktlich zu Spieltag 5 rückt die „medizinische Abteilung“ in den Mittelpunkt. Die berüchtigte „Wiesn Grippe“ ist dabei das geringste Übel.
Hilfe für die Stimme
Das erste, was leidet, ist die Stimme. Da ist noch keine Gitarren-Saite gerissen, haben Bierzelt-Luft, Septemberwetter und permanente Lautstärke schon die Stimmbänder attackiert. Beliebtes Gegenmittel unter Musikern sind spätestens dann Halstabletten wie GeloRevoice oder IPALAT – verdächtige leere Verpackungen lagen bereits an Tag 4 oben auf im Bühnen-Mülleimer.
Für Härtefälle gehts ans Eingemachte: Ibuprofen und Aspirin Complex haben in mancher Konzert-Tasche ein eigens reserviertes Geheimfach.
Wenns knackt und zieht...
Dagegen ist leider kaum ein Kraut gewachsen: Rückenschmerzen, Knieprobleme oder Schwierigkeiten mit den Handsehnen sind keine Seltenheit, wenns über lange Distanzen täglich auf die Bühne geht. Zur Behandlung ist Prävention ein wichtiger Faktor: „Ich steige in den Wochen vor der Wiesn ins Training ein“, verriet mir ein Sänger vorab. Auch regelmäßig Joggen hilft, um auf der Bühne fit zu sein, rät mir Sängerin Jenny Strasburger.
Gegen meine Rückenprobleme geh ich schwimmen und zum Kraftsport – und nehme vor dem Gig noch einmal ein Magnesium-Präparat damit die Muskulatur nicht so stark verkrampft. „Und: Viel trinken“, sagt meine Frau, Ernährungsexpertin Dr. Julia Feind.
Der Erzfeind: Tinnitus
Fast jeder, der Live-Musik schon mal erlebt hat, kennt dieses Klingeln im Ohr nach dem Konzert. Musiker sind dabei natürlich in besonderer Weise betroffen, sowohl Rock/Pop- als auch Klassik-Künstler stehen stets sprichwörtlich bis über beide Ohren im Risiko.
Dabei gilt für das Ohren-Klingeln „Tinnitus“: Vorsicht ist besser als Nachsicht! Die Prävention besteht aus „so wenig Stress wie möglich“ (...auf der Wies'n!? ...sic!) und natürlich Gehörschutz, Gehörschutz, Gehörschutz! Dazu kann man sich spezielle Filter-Einlagen für die eigenen Ohren anpassen lassen – für den gelegentlichen Konzert-Besuch tuts auch ein abwaschbarer Gehörschutz-Ohrenstöpsel, wie z.B. von Fender.
Außerdem setzen inzwischen die meisten Bands und Musiker auf In-Ear-Monitoring-Systeme; dabei kann so ein spezieller Kopfhörer zur Musiker-Beschallung auch als Gehörschutz funktionieren. Diese kosten schon mal weit über 500 Euro, wie z.B. diese Kopfhörer von „Ultimate Ears“
Die unsichtbare Seuche: Ohrwurm
Er ist der hinterhältig nervenzerfressende Star in jedem Wiesn-Lazarett: Der Ohrwurm. Wunderschön zusammengefasst von einer Trommel-Kollegin als „dieser fiese kleine Schuft (…) Alle Songs in einen Mixer und ab dafür“. „Das ist Wahnsinn, fliag wia a fliaga, ein Proosit, ein Proohosit, du wolltest Dir nur den Abend vertreiben, schick, schick, schickaria...“ - um exemplarisch mal eine deutschsprachige Ohrwurm-Mixtur zu nennen, wie sie einem täglich vor, hinter und auf der Bühne, auf dem Weg zur Bühne und wieder am Nach-Hause-Weg heimsucht.
Schwer zu sagen, was da hilft. Autogenes Training vielleicht. Oder dagegen ansingen.